GoodNews KW47/21

Geld oder Liebe?

Seit einer Woche erreichen mich E-Mails mit dem Betreff «Sensation…!», «Sind Sie bereit?» oder «Last Chance!». Kennen Sie den Anlass dieser viel- und gleichzeitig nichtssagenden Betreffzeilen? Richtig: Black Friday. Was sich um 1966 in den USA auf einen Tag, dem 4. Freitag im November, etabliert hatte, überrollte in den letzten Jahren die globale Konsumwelt. Verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist weder gegen Konsum noch gegen Vergünstigungen etwas einzuwenden. Ganz im Gegenteil. Wenn aber die paar Prozente der ausschlaggebende Grund für den Kauf sind und nicht die Liebe zum Produkt, ist der Black Friday nicht nachhaltig. Jedenfalls nicht für uns Käuferinnen und Käufer. An kreativen Varianten des Black Fridays fehlt es übrigens nicht: Längst ist der «Cyber Montag» oder der «Green Friday» lanciert. Und auch die Kosmetikbranche hat überlegt und den femininen «Pink Friday» ausgerufen. Schlicht Freitage, die Shoppingfans zu Höchstleistungen motivieren. Einzig die Kreditkarte wird etwas belastet sein.

Ich habe Black Friday nie gross beachtet. Bis gestern. Da kam ich einem Shopping-Trick auf die Schliche und habe ein Geheimnis gelüftet: Ich legte bei einem amerikanischen Sportartikelproduzenten mein Lieblingsgerät in den virtuellen Warenkorb. Provisorisch. Kaufen wollte ich später; vorerst nur die Versand­kosten und Zölle berechnen. Wenige Stunden nach dieser Aktion kam die erste E-Mail des US-Unternehmens, in der ich freundlich aufgeforderte wurde, den Kauf zu vollenden – mit dem Angebot eines 10 prozentigen Black-Friday-Rabatts. Zeit, den Kauf abzuschliessen, hatte ich an diesem Abend nicht. Gut so. Denn am nächsten Tag kam wieder eine Nachricht: Jetzt boten sie einen Rabatt von 20 Prozent an. Ich beschloss, weiter zu warten. Doch am nächsten Tag kaufte ich. Eine erneute Nachricht, dass der Rabatt nur noch einige Stunden gültig sei, hat mich eingeschüchtert. Wohl haben mich das Grimm-Märchen «Vom Fischer und seiner Frau» und der Zeitgeist beeinflusst: Masslosigkeit ist einfach nicht nachhaltig.

Simone Leitner Fischer