Künstlerhaus S11

11. Festival ephemerer Kunst im Künstlerhaus S11 – 26. bis 28. April 2024.

Das Künstlerhaus S11 zeigt gemeinsam mit dem Künstler Meinrad Feuchter während drei Tagen 11 verschiedene künstlerische Positionen unter dem Titel «Les jours des éphémères». Dieses Festival findet bereits zum 11. Mal statt und gastiert zum 7. Mal im S11 in Solothurn.

Der französische Begriff «éphémère» bedeutet Eintagsfliege. Ephemere Kunst ist ein Überbegriff für Formen der Kunst, die sich über schnell vergängliche Darstellungen definieren. Auch wenn die ephemere Kunst nicht neu ist, steckt in ihr eine revolutionäre Kraft, sie wirkt dem für die Ewigkeit Geschaffenen des traditionellen Kunstbegriffs entgegen. Sie sucht nicht das Andauernde, sondern das Momentane und hinterlässt möglichst keine weiteren Spuren, als das Erinnern an den Augenblick und hoffentlich das Weiterdenken eines flüchtigen Anstos­ses.

Die Jury bestehend aus dem Künstler Meinrad Feuchter und den beiden Kunsthistorikern Michael Sutter (Kunsthalle Luzern) und Martin Rohde (S11) hat auf Grund einer nationalen Ausschreibung aus 39 Bewerbungen aus der ganzen Schweiz, aus Deutschland, England, Frankreich, den Niederlanden, sowie aus den USA 11 qualitativ hochstehende Projekte ausgewählt, die für die zur Verfügung stehenden Räume geeignet erschienen und den definierten Bedingungen entsprachen. Das hauptsächliche Kriterium für die Teilnahme war der ephemere Charakter der Arbeiten. Die gezeigten Arbeiten setzen sich in Form von Installationen, Performances, sowie interaktiven Klanginstallationen kritisch mit den Themen Fast-Fashion, mit der Vergänglichkeit des Seins, mit unserem ökologischen Fussabdruck, mit der Wegwerfunkultur, mit der Klimaerwärmung oder Internetbetrug auseinander.

Myrta Moser-Zulauf beschäftigt sich mit der Kurzlebigkeit von Fast-Fashion und inszeniert dafür ein sich durch Wasser auflösendes T-Shirt. Sie möchte damit auf die allgegenwärtige Problematik der zu billigen Kleidung und ihrer immensen Abfallproduktion hinweisen. Stefanie Rübensaal zieht in einer endlos wiederholbaren Performance die Textzeilen «What is next» durch eine Kartonröhre vor ihrem Gesicht. Claude Stahel fertigt aus Sand die Zutaten zu einem vergänglichen letzten Mahl, dass sich in kurzer Zeit verflüchtigen wird. Nicole A. Wietlisbach präpariert einen Raum im S11, in dem das Publikum seinen persönlichen und symbolisch gemeinten Fussabdruck in Steckziegelscheiben hinterlassen kann. Patricia Jacomella Bonola, die schon mit verschiedenen sehr beeindruckenden Arbeiten an mehreren Jours des éphémères teilgenommen hat, zeigt dieses Mal ein ephemeres Monument, mit dem sie die Massenproduktion von Wegwerfkleidung thematisiert. Dazu stellt sie ein auffälliges Hochzeitskleid aus Abfallmaterialien her, das am Ende des Tages zerschnitten und für gute Zwecke verkauft wird. Auch Samuel Haettenschweiler arbeitet mit ausrangierten Materialien, die er im Stadtraum aufsammelt und damit skulpturale Setzungen im Raum schafft. Die beiden deutschen Künstler und Musikwissenschaftler Dietmar und Ralf Kempf nehmen sich mit ihrer partizipativen Soundinstallation «Kreuzverhör (Verhallung der Passion)» dem essenziellen Thema der heutigen Rat- und Orientierungslosigkeit angesichts von unbeantworteten Fragen durch oder leeren Worthülsen von Entscheidungsträgern an. Anna Katharina Scheideg­ger widmet sich mit ihren «Fadings» (speziell entwickelten Fotos, die schnell verblassen) dem Thema der Gletscherschmelze und der Bedrohung durch die Klimaerwärmung. Mit Barbara Reichen können wir wieder einmal eine olfaktorische Arbeit präsentieren, bei der uns der Geruch von Wald an unsere Vergänglichkeit gemahnt. Der junge Künstler Jan Widmer lässt in seiner Arbeit «Catfish» Wasser auf einen gegossenen Tonstein tröpfeln und bringt diesen zum Zerfallen. Das Catfishing verweist auf betrügerische Verfahren im Internet. Schliesslich bringen Jennifer Papatzikakis und Luigi Laveglia mit ihrer interaktiven Klanginstallation «Noisy Pile Sculpture» das Publikum im beuysschen Sinn dazu seine kreativen Fähigkeiten für das Kunstwerk nutzbar zu machen.

Martin Rohde, Biberist

Programm
Freitag, 26. April 2024
19.15 Uhr | Vernissageansprache von Martin Rohde (Kunsthistoriker)
19.45 Uhr | Myrta Moser-Zulauf | passé | im Garten
ab 20 Uhr | Stefanie Rübensaal | WHAT IS NEXT | EG
Claude Stahel | Last Lunch | 1. OG
Nicole A. Wietlisbach | Ziegel zeichnen Zeichen der Zeit | 2. OG/West
Patrica Jacomella Bonola | Ephemeres Monument | 2. OG/Ost

Samstag, 27. April 2024
17 – 24 Uhr – gleichzeitig 9. Solothurner Kulturnacht
Samuel Haettenschweiler | Verlässliche Strukturen | 1. OG
Claude Stahel | Last Lunch | 1. OG
Dietmar und Ralf Kempf | Kreuzverhör (Verhallung der Passion) 2. OG/Ost
Nicole A. Wietlisbach | Ziegel zeichnen Zeichen der Zeit | 2. OG/West
Anna Katharina Scheidegger | Fadings | 3. OG

Sonntag, 28. April 2024
12 – 16 Uhr | Barbara Reichen | enjoy it while it lasts | EG
Jan Widmer | Catfish | 1. OG
Jennifer Papatzikakis & Luigi Laveglia | Noisy Pile Sculpture | 2. OG/Ost
Nicole A. Wietlisbach | Ziegel zeichnen Zeichen der Zeit | 2. OG/West

Ausführliches Text- sowie Bildmaterial finden Sie im Ausstellungsdossier auf der Website des Künstlerhauses S11.