GoodNews 12/25

Panik oder Schulterzucken?

Es gibt Tage, da lesen wir die Nachrichten und denken: Das kann doch nicht wahr sein! Dann gibt es Tage, an denen wir uns fragen: War das nicht letzte Woche schon eine Schlagzeile? Und schliesslich gibt es die Tage, an denen wir resigniert die Schultern zucken, einen Schluck Kaffee trinken und still murmeln: Weltuntergang? Aber bitte erst nach dem Frühstück. Willkommen im Nachrichtenkarussell – mit extra Looping inklusive. Die News sind längst eine permanente Achterbahnfahrt zwischen Schock und Routine. Auf der einen Seite die grossen, weltbewegenden Ereignisse, die Empörung oder Angst auslösen. Auf der anderen Seite die Abstumpfung, wenn zum hundertsten Mal von Kriegen, Krisen und Despoten die Rede ist. Die Welt scheint im Daueralarm zu sein – Klimawandel, Finanzkrise, geopolitische Eskalation. Und dann die Technologien, die uns entweder retten oder versklaven werden. Das Weltgeschehen fühlt sich an wie eine endlose Netflix-Serie mit Cliffhanger nach Cliffhanger. Und wir? Wir scrollen weiter.
Denn unser persönliches Leben dreht sich eher um die Kaffeemaschine als um die Bedrohung der Gesellschaft. Apokalypse hin oder her, niemand kann sich ernsthaft dem Weltuntergang widmen, bevor das Koffein-Level stimmt. Ein Kollaps der Zivilisation ist schlimm – aber ein Kollaps des eigenen Biorhythmus? Unvorstellbar. Vielleicht ist genau das unser Geheimnis: Das Menschliche im Menschsein. Die Erde mag wanken, doch wir? Wir schreiben Einkaufslisten. Feiern Geburtstage. Buchen Ferien. Diskutieren über nachhaltige Zahnseide, über Hafer- oder Kuhmilch im Cappuccino, während Ökosysteme zusammenbrechen. Und selbst wenn draussen alles brennt, bleibt die wirklich drängende Frage: Habe ich den Herd ausgeschaltet? Das ist gut so. Ich plädiere für die tröstliche Gleichzeitigkeit von Krise und Alltag. Für die Fähigkeit, sich nach düsteren Schlagzeilen trotzdem über einen schönen Frühlingsmorgen an der Aare zu freuen. Klar, steckt da auch ein Hauch Verdrängung drin. Vielleicht aber auch evolutionäre Genialität.

Simone Leitner Fischer