Good News 14/24

Wir müssen reden!

«Wenn alle Menschen nur dann redeten, wenn sie etwas zu sagen haben, würden sie bald den Gebrauch der Sprache verlieren», heisst ein vielzitiertes Sprichwort. Spontan hört sich der Spruch gut an, wahrscheinlich sogar weise. Also nicken wir ihn ab. Und je nach Gesprächsrunde, betonen wir, dass wir mit Äusserungen gelegentlich vorsichtiger umgehen sollten. Echt jetzt? Ist es nicht eher so, dass wir uns heute keine Gedanken mehr machen, wie und was wir kommunizieren? Ob wir eine Meinung, ein Bild oder ein Selfie veröffentlichen? Reden einfach drauflos, pos­ten, plappern, diskutieren, polemisieren, argumentieren und propagieren? Bei Facebook, Instagram, LinkedIn oder Tiktok. Auch dann, wenn wir kein treffsicheres Argument, sondern nur Hashtags aus dem Ärmel schütteln. Kurz: Wir kommunizieren ununterbrochen. Ob miteinander oder in der eigenen Bubble. Egal. Jede kann reden. Jeder kann posten. Natürlich gibt es Grenzen. Aber wir sind uns einig: Meinungsfreiheit ist immens wichtig. Aber Belanglosigkeit?

Die passenden Worte zu finden, ist entscheidend. Damit schreiben wir Geschichte. Dokumentieren die Vergangenheit für die Zukunft. Egal in welcher Sprache – auch wenn sie sich verändert. Dass sich die Globalisierung auch auf unsere Sprache auswirkt, liegt auf der Hand und am Zeitgeist. Das merken wir an der Verbreitung von Anglizismen. Aber easy. Oder ist das bereits eine Gefahr? Was bedeutet eigentlich Sprachverfall? Und bedeutet Sprachverfall gleich Sprachtod? Auch wenn das einige behaupten, belegen Studien weit weniger Drama. Sprachwandel sei ein natürliches Phänomen und jede lebendige Sprache verändere sich. Das heisst aber nicht, dass sie dadurch verfällt. Der Kontakt zu anderen Sprachen führt nicht zum Sprachtod. Im Gegenteil: Die Integration von Fremd- und Lehnwörtern aus anderen Sprachen macht unsere Sprache nicht weniger wertvoll. Es ist lediglich eine neue Art, sich auszudrücken. Also bleiben wir furchtlos, bedienen uns unserer Sprache und posten. Egal was. Nur nicht Belangloses.

Simone Leitner Fischer