Good News 40/25

Nicht nur Herzenssache.

Sie kennen ihn alle. Fast täglich taucht er auf. Als Lebensphilosophie, als Statement, als Marketing-Claim. «Man sieht nur mit dem Herzen gut.» Ist dieser bedeutungsvolle Satz etwa zum Kalenderspruch verkommen? Mitnichten. Naiv? Und wie! Aber genau das ist der Zauber dieser berührenden Aussage. 1943, im Exil in New York, war er alles andere als süsslich und kindlich. Antoine de Saint-Exupéry, Pilot, Poet und politischer Moralist, schrieb «Le Petit Prince» während Europa in Flammen stand. Der kleine Junge mit Schal ist also kein harmloses Märchenwesen, sondern eine literarische Gegenfigur zur Gewalt seiner Zeit. Wo Generäle marschierten, goss er Rosen. Wo Ideologen Grenzen zogen, zähmte er Füchse. Die politische Kulisse macht noch heute klar: Dieses Buch war immer auch Widerstand. Gegen die Ohnmacht der Macht, gegen die Eitelkeit der Herrscher, gegen die Umtriebigkeit ohne Sinn. Jede Begegnung des kleinen Prinzen ist Metapher und Spiegel zugleich. Gerade deshalb wirkt er bis heute so modern.

Und nun folgt eine poetische Revanche. Am 8. November eröffnet in Solothurn, im historischen Palais Besenval, das Museum «Der kleine Prinz und seine Welt». Geschaffen wird ein Ort voller Fantasie, Kultur und Begegnungen. Der kleine Prinz wird nicht in den Archiven der Politik, sondern in einem Haus der Poesie gefeiert: als literarisches Phänomen, von dem seit 1943 über 300 Millionen Exemplare verkauft und in mehr als 600 Sprachen übersetzt wurden. Übrigens der meistübersetzte Roman der Welt. Erstaunlich, dass wir seit 80 Jahren nicht müde werden, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Und dabei doch immer wieder am Wesentlichen vorbei schauen. Saint-Exupéry hat uns mit seiner Geschichte vielleicht keinen Bauplan für eine bessere Welt überlassen, aber eine Gebrauchsanweisung für das Kleine. Heute ist das schon fast eine politische Handlung. Denn wer die Baobabs rechtzeitig ausreisst, sorgt nicht nur für einen Blick auf das Wesentliche, er verhindert auch, dass das Kleine vom Grossen überwuchert wird.

Simone Leitner Fischer