«Out of Office» ist kein Ort.
Es klingt so verheissungsvoll. Das Hotel ist gebucht. Das Ferienhaus mit Meerblick auch. Und der Stellplatz in erster Reihe sowieso. Alles ist bereit für die grossen Sommerferien. Und wir? Wir werden zu hochfunktionalen Freizeit-Managerinnen, ausgefeilten Buchungsstrategen, App-erprobten Navigationsgenies und last but not least: zu zielsicheren Ladestationen-Scouts für unser E-Auto auf der Strecke ins Glück. Kurz: Die wertvolle Auszeit erfordert eine subtile Planung. Auch der Arbeitsplatz wird ferienfit gemacht. Schon beim Aktivieren der automatischen Abwesenheitsnotiz öffnet sich ein unsichtbarer Fallschirm und wir gleiten in ein Paralleluniversum, in dem Termine verstummen und Mails unbeantwortet bleiben. «Out of Office» – drei Worte, die nach Sonnenhut, Rosé und digitalem Schweigen klingen. Nur: Die Realität ist anders. Wir sind zwar physisch weg vom Arbeitsplatz, aber trotzdem präsent. Pushnachrichten lassen uns aufhorchen und gut gemeinte Mails von Arbeitskollegen versalzen das Frühstücksei.
Längst ist der Arbeitsplatz ein Teil von uns. Kein Ort mehr, ein Status. Eine innere Haltung. Ein mentaler Dauerzustand aus To-Do-Listen, Deadlines und der vagen Sorge, etwas zu verpassen. Ist die Autonomie über Raum und Zeit etwa passé? Und selbst das Wochenende ein potenzieller Zoom-Link? Hat der geflügelte Satz «Ich bin dann mal weg und pilgere Richtung Santiago de Compostela» noch Bedeutung? Oder klingt er auch verdächtig? Wie eine Ausrede mit Ladegerät? Wer wirklich weg ist, hat doch kein Netz. Aber in einer digitalisierten Welt wirkt das eher nach Kontrollverlust. Vielleicht sollten wir uns deshalb etwas ganz anderes vornehmen. Nicht: wegfahren, um abzuschalten. Sondern: bleiben, um auszuschalten. Innerlich. Real. Für fünf Minuten oder zwei Tage. Ein Kurztrip zur eigenen Haltung. Denn «Out of Office» ist nicht das Gegenteil von Arbeit. Es ist ein Erinnerungsservice: daran, dass wir Menschen sind. Und einfach mal abtauchen dürfen. Auch von uns selbst. In diesem Sinne: wunderschöne Ferien.
Simone Leitner Fischer