Fasnacht

Hoch leben die Schnitzelbankgruppen!

Der AZEIGER gratuliert dem Ambassadore-Bäse zum 75- und den Stedtlischiisser zum 40-Jahr-Jubiläum.

Was wäre die Solothurner Fasnacht ohne ihre Schnitzelbankgruppen? In Wirtshäusern, im Kulturm und Stadttheater oder beim traditionellen Höfli-Singen sorgen sie mit ihren Reimen und zündenden Pointen für grandiose Unterhaltung. Dieses Jahr dürfen gar zwei Gruppen Jubiläum feiern!

75 Jahre Ambassadore-Bäse
Erstmals zu hören war der Ambassadore-Bäse an der Fasnacht 1948. Zur Melodie des Solothurner Liedes traten die sieben Gründungsmitglieder mit exakt elf Versen auf. Heute, 75 Jahre später, gibt es den «Bäse» noch immer. Er ist gar die älteste Schnitzelbankgruppe Solothurns. Und auch die Covid-Pandemie konnte dem Fasnachtsvirus der Gruppe nichts anhaben: Als die Restaurants geschlossen waren, das Singen in Gruppen und die Anlässe 2021 nicht erlaubt waren, zwängten sich «Bäse»-Mitglieder in ein Schaufenster in der Hauptgasse und lieferten dort ein stummes Programm ab. 2022 gab es Auftritte in reduzierter Form.
Für seine Auftritte wählt der «Bäse» jährlich ein anderes aktuelles Sujet. Dafür werden in vielen Stunden aufwendige Kostüme und Masken angefertigt. Im Zentrum der Auftritte stehen jeweils die Verse, welche das aktuelle politische Treiben und weitere Begebenheiten in Solothurn auf die Schippe nehmen. In den 75 Jahren ergaben sich einige Traditionen: So gehört ein Vers mit den Protagonistinnen «Müllere und Huebere» ebenso zu den Auftritten wie eine Pointe auf das Bipperlisi. Das «Bäse»-Logo prangt an einem der Zugkombinationen an der Front. Und am 100-­Jahr-Jubiläum der Bahnlinie trat der «Bäse» auf.
Doch zur DNA des «Bäse» gehört nicht nur die Fasnacht, sondern auch das Zusammensein während des restlichen Jahres. Der Kontakt zu Ehemaligen, den «Alt-Bäse», wird aktiv gepflegt: monatlich sowie bei weiteren Anlässen trifft man sich. Das Höfli-Singen wird übrigens vom «Alt-Bäse» organisiert. An der Hauptversammlung Ende August wird der neue Ober für die nächste Fasnacht gewählt. Wie auch bei der Wahl des Sujets und bei der Aufnahme neuer Säuglinge in die maximal elf Kopf grosse Gruppe, geschieht dies im Ornat: mit Chesslerhemmli, Zipfelmütze und Laterne.

40 Jahre Stedtlischiisser
Die Stedtlischiisser waren aus einer Idee von zwei damaligen Jus-Studenten am «Chrone-Ball» (den gab es vor 40 Jahren noch) entstanden, welche die Fasnacht fortan nicht mehr nur passiv erleben, sondern aktiv mitgestalten wollten. Rasch waren Gleichgesinnte gefunden und so traten die Stedtlischiiisser erstmals vor 40 Jahren als Gruppe zu Sechst auf. Von diesen damals sechs Gründungsmitgliedern stehen heute noch vier Mitglieder aktiv auf der Bühne. Dieses Jahr stehen die Stedtlischiiisser mit bis zu neun Personen auf der Bühne im Alter von Mitte zwanzig bis Mitte sechzig (!), also eine Art Generationenprojekt …
Im Verein Stedtlischiisser sind politisch interessierte Leute aktiv. Sie sehen sich als schräge Vögel, die über den Dächern der Solothurner Altstadt die gesellschaftspolitisch relevanten Vorgänge in aller Welt scharf beobachten und ab und zu gezielt ein Vogeldräckli fallen lassen, wenn ihnen etwas miss- oder auffällt.
In der Fasnachtszeit starten Stedtlischiisser zum Höhenflug. Sie setzen die gewohnte Ordnung ausser Kraft und verspotten sie im Gewand einer Närrin oder eines Narren. Der Obrigkeit wird mit frechen und pointierten Sprüchen und Liedern ein Spiegel vorgehalten, immer im Bewusstsein, dass gemäss einer alten Weisheit nur Kinder sowie Närrinnen und Narren die Wahrheit sagen.
Den Stedtlischiiissern ist und war stets wichtig, an der Fasnacht nicht einfach seicht zu unterhalten. Ihre Programme bzw. Sujets haben immer einen aktuellen Bezug zu einem politisch heiss diskutierten Thema, wie zum Beispiel in den letzten Jahren Corona, die Klimakatastrophe, die Billag-Initiative, das britische Königshaus, die korrupte FIFA, Putins Grossmachtstreben, Trumpismus in den USA usw. Diesem Grundsatz wird auch dieses Jahr im Programm 2023 nachgelebt, das wiederum frech, spritzig und satirisch ein hochaktuelles Thema karikiert – das Publikum darf gespannt sein.

Die AZEIGER Redaktion wünscht allen Leserinnen und Lesern eine unvergessliche Fasnacht 2023.

Redaktion AZEIGER