GoodNews KW49/22

Fischstäbchen schwimmen mit der Zeit.

Vermutlich lachen Sie mich lauthals aus. Oder verurteilen mich hinter vorgehaltener Hand. Jedenfalls ist Ihnen die Vorstellung, Fischstäbchen als eine Delikatesse zu bezeichnen, fremd. Obwohl Einfachheit ja voll im Trend liegt. Wer von einem schlichten Teller Pasta mit geriebenem Hartkäse spricht, erntet überall Beifall. Auch wer sich outet, am Weihnachtsmarkt alles zu essen, bleibt sympathisch. Dort versammeln sich nicht nur viele Menschen, auch kulinarische Kreationen drängeln sich zusammen. Schmeckt das nach Weltoffenheit? Schwierig zu sagen. Essen verbindet in vielen Fällen, aber nicht immer. Jedenfalls wird meine Liebe zu Fischstäbchen eher ablehnend zur Kenntnis genommen. Und trotzdem verteidige ich meine panierten Leckereien: Denn nur zu oft habe ich teure Fischknusperli im Restaurant gegessen, die nicht halb so gut waren wie die Fischstäbchen meiner Wahl. Ich weiss, Sie denken eher an Krisenherde. An die überfischten Meere und das Bratfett auf meinem Küchenherd. Und Sie haben recht.

Der Genuss von Fischstäbchen muss überdacht werden. Nostalgische Kindheitserinnerungen hin oder her. In der Schweiz wurden 2021 durchschnittlich 8,85 kg Fisch und Meeresfrüchte pro Person konsumiert. Fischstäbchen sind nach Lachs das am häufigsten verkaufte Fischprodukt im Detailhandel. Was in den 50er-Jahren eine gute Idee war, nämlich Fischstäbchen zur Aufwertung des Fangüberschusses von Kabeljau zu lancieren, ist überholt. In der Vergangenheit betrachteten wir Ozeane als unerschöpfliche Ressource. Die Folgen sind bekannt. In den letzten 50 Jahren hat sich die Zahl der überfischten Bestände weltweit von 10 auf 34 Prozent mehr als verdreifacht. Was bin ich froh, gibt es immer wieder innovative Köpfe, die solche Probleme klug und zeitgemäss lösen. Die meine geliebten Fischstäbchen nun aus heimischem Fisch anbieten. Und ganz ehrlich: Ich war überaus skeptisch und genauso kritisch. Entwarnung: Die Schweizer Fischstäbchen halten, was der Name verspricht: Genuss und viel Bratfett auf meinem Küchenherd.

Simone Leitner Fischer