Bühne Burgäschi

Sommer ist es, wenn die Räume unter freiem Himmel sind!

Während der ganzen Pandemiezeit blieb der Verein Musik im Äusseren Wasseramt aktiv. Die Operette 2020 «Zur gold’nen Liebe» musste wegen einer Sperre aller kulturellen Anlässe abgesagt werden. Ein Jahr später wurde eine Realisation möglich. Mit dieser Operette ging die Bühne Burgäschi im Januar dieses Jahres auf Tournee.

Am 11. Juni 2022 findet die Premiere der Operette «Roxy und ihr Wunderteam» in Burgäschi statt. 17 weitere Aufführungen folgen. Mit der Dernière vom 12. Juli endet die Spielzeit.

Wir stellten der Regisseurin Melanie Gehrig Walthert einige Fragen zur Operette 2022 der Bühne Burgäschi.

«Roxy und ihr Wunderteam» ist nicht bekannt. Wie findet man eine solche Operette?
Wir hegten schon lange den Wunsch, Paul Abrahams letzte Operette «Roxy und ihr Wunderteam» aufzuführen. Im Jahr 1937 kam «Roxy» in Wien und Budapest begeistert an. Aus politischen Gründen durfte dieses Werk anschliessend nicht mehr gespielt werden. Seit der Wiederentdeckung der verloren geglaubten Originalpartitur erobert «Roxy» die Bühnen Europas im Sturm. Die Erstaufführung in Deutschland fand an der Oper Dortmund im Jahr 2014 statt. Die Komische Oper Berlin nahm sich ihrer fünf Jahre später an. In der vergangenen Spielsaison erntete die Volksoper Wien mit «Roxy» grosse Erfolge.

Der Titel verspricht einiges.
Die ungarische Nationalmannschaft hat in London gerade über das englische Team gesiegt. Auf der Flucht vor ihrem Bräutigam steht Roxy plötzlich im Hotelzimmer der Fussballer und fährt mit ins Trainingslager am Plattensee.

Dort angekommen, erfährt das Team, dass auch noch Schülerinnen eines Mädchenpensionats im angrenzenden Landhaus untergebracht sind.

Nach kleinen Liebesabenteuern mit den Fussballern erhalten die Schülerinnen Hausarrest und verfolgen das Rückspiel der ungarischen Mannschaft gegen die Engländer am Radio. Als es zur Halbzeit 0:1 für England steht, reisst Roxy mit den Girls aus, um die Jungs direkt im Stadion anzufeuern. Dank dieser tatkräftigen Unterstützung wendet sich das Spiel für die ungarische Mannschaft, aber auch für Roxy und den Mannschaftskapitän. Es steht 2:1 für die Liebe!

«Roxy» ist eine Fussballoperette. Dazu braucht es neben einem Dutzend Solistinnen und Solisten elf Fussballer. Dass zu jedem Sportler eine Partnerin gehört, macht eine Operetten­truppe erst komplett. Demnach bilden 22 junge Leute eine eindrückliche Tanzcompanie.

Paul Abraham ist ein wenig bekannter Komponist.
Operettenliebhaber kennen ihn schon. Er war in den 30er Jahren ein Erfolgskomponist wie Ralph Benatzky. Mit seinen Operetten war er in ganz Eu­ropa und auch in Amerika äusserst erfolgreich. Seine Höhenflüge als
Operettenkomponist machte er mit «Viktoria und ihr Husar», «Blume von Hawaii» und «Ball im Savoy».

Als Jude war er ab 1933 dauernd auf der Flucht. Erst im Jahr 1939 emigrierte er über Paris nach New York. Leider scheiterte sein Fussfassen im amerikanischen Musicalbusiness. Es folgten Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken.

1956 kehrte er nach Hamburg zurück und wohnte in der Psychiatrie des Eppendorfer Krankenhauses. Am 6. Mai 1960 starb Paul Abraham im Alter von 68 Jahren an den Folgen einer Krebsoperation.

In den Operetten kommen doch immer Barone, Gutsherren, Fürsten und viel Adel vor. Gibt es diese Figuren in Roxy nicht?
Nein, überhaupt nicht. Die letzten Operetten entstanden in Berlin. Sie waren beeinflusst von der Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Emanzipation, Freigeist, Lebensfreude, Durst nach Bildung, Mitspracherechte, gelebte Demokratie und Klassenkämpfe prägten den Alltag. Wir können in der reichen Literatur dieser Zeit das Zusammenleben der Menschen in einer Aufbruchszeit verfolgen. Im Jahr 1936 fand zudem die Olympiade in Berlin statt. Sport war alles und floss in die Musik ein.

Welchen Wunsch hegst du mit «Roxy» in dir?
Die Musik ist sehr spannend und packend. Amerikanische Jazzmusik vermischt sich mit der Unterhaltungsmusik Europas. Viele Nummern sind Tänze und verlangen nach Bewegung. Ich kann mit 30 Personen grosse Choreografien realisieren. Daneben beinhaltet das Werk viele nachdenkliche Momente, wo man tiefe Menschlichkeit verspürt. «Roxy» ist ein absolutes Meisterwerk. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Besucherinnen und Besucher seine Botschaft erfahren können.

Hermann Gehrig, Burgäschi