VHE Luterbach 05/2021

Probleme einer Dirigentin.

Es gibt sie halt eben doch, die geschlechtsspezifischen Unterschiede! Während bei männlichen Dirigenten die Kleidung seit eh und je dieselbe ist und dies wahrscheinlich in alle Ewigkeit auch so bleiben wird, sind da die Dirigentinnen in der Kleiderwahl deutlich freier. Das macht es aber nicht einfacher, wie ich erfahren musste und vor einem Konzert das richtige Outfit suchte. Zwei Fragen stellen sich nämlich: Wie sieht es für das Publikum aus, welches die Dirigentin meist nur von hinten sieht? Und wie viel Armfreiheit bleibt zum Fuchteln, sprich zum Dirigieren? Guten Mutes beginnt die Anprobe in einem renommierten Kleidergeschäft. Aber die erste Bluse ist zu eng im Arm. Die zweite Bluse wäre zwar gut für ausholende Bewegungen, wenn sie nicht unten zu kurz wäre und immer aus dem Jupe rutschen würde. Bluse Nummer drei sieht sehr kleidsam aus, vorausgesetzt, man trägt sie nicht, und Bluse Nummer vier ist einfach ein Missgriff. Bei der fünften Bluse beginnt sich die Verkäuferin zu nerven, weil zu den hohen Ansprüchen auch noch ein «Rückspiegel» gefordert wird, um die Anprobe von hinten begutachten zu können.

«Und überhaupt», denkt sie sich, «was sollen all die Verrenkungen und
dieses Arme-Schwingen, welche ihre Kundin vor dem Spiegel aufführt?»

Bei der elften Bluse platzt ihr dann der Kragen und sie greift in die «Freiübungen» ein: «Aber bitte, mit einer so festlichen Bluse braucht man sich doch nicht so extrem zu bewegen. Die ist doch «‹für Schön›.» «Ich brauche sie zum Arbeiten», ist die Erklärung, worauf die Verkäuferin meint: «Oh, Entschuldigung, dann arbeiten Sie wohl im Service!»

Diese von Liliane Fluri erzählte Geschichte stammt aus der «Reihe Luterbach» und dem Band 6 «Es war einmal in Luterbach». Mehr davon und alle anderen Bände finden Sie im Web-shop des Vereins Historisches Erbe Luterbach vhe-luterbach.ch.

Michael Ochsenbein,
Präsident Verein Historisches Erbe