Schau hin!

«Ich sehe was, was Du nicht siehst und das ist … pink!»

Kennen Sie dieses vergnügliche Spiel, das Kindern eine lange Zugfahrt oder das Sitzen im Wartezimmer einer Arztpraxis die Zeit vergessen lässt?

Es wird die Umgebung genau gemustert, jedes Detail und auch die grossen Dinge erhalten Aufmerksamkeit und werden benannt – so lange, bis erraten wird, was die andere in den Blick genommen hat.

In manchen Situationen des alltäglichen Lebens ist es nicht so vergnüglich und unterhaltsam, wenn es um’s genaue Hinschauen geht. Nicht immer wollen wir sehen, was uns andere Menschen zeigen. Und manchmal geht es dem Betrachter oder der zufällig vorbeigehenden Passantin zu schnell, um wirklich zuordnen zu können, worum es bei der einen oder anderen Pose denn geht.

In der heute beginnenden «Herbstserie» der Plakate, die die reformierte Bezirkssynode in den kommenden drei Monaten mit kräftiger Farbe, prägnanten Worten und einer klaren graphischen Umsetzung publiziert, geht es um eine Einladung, Augen, Ohren und Herz zu öffnen, um mutig dazu beizutragen, dass das Miteinander zu dem wird, was seiner Bedeutung gerecht wird.

Jesus hat immer wieder genau hingeschaut und in seinem Leben viele Menschen gesehen, die vom Miteinander in der Gesellschaft nichts erlebten. Sie waren krank, beeinträchtigt oder schuldig geworden, sie bereicherten sich, indem sie anderen schadeten. Genau diesen «Kranken, Zöllnern und Sündern» hat sich Jesus zugewandt, mit ihnen geredet, ihren Geschichten zugehört, die sie zu den Menschen machten, die sie geworden waren. Und Jesus hat sie eingeladen, (wieder) Teil der Gesellschaft zu werden. Das freute nicht alle. Doch für die Angeschauten blieb es nicht ohne Folge: An Leib, Seele und Gesinnung «gesund», wurden sie (wieder) zu einem Teil der Gesellschaft.

Wie schnell zeigen wir mit dem Finger auf Menschen, die vermeintlich etwas Falsches getan haben, weil es nicht der Gesellschaftsnorm entspricht. Wie schnell finden wir eine:n Schuldige:n, eine:n Verantwortliche:n für das, was schief läuft. Wie viel besser wäre es, einfach nur genau hinzuschauen, auf die Lebensgeschichte der anderen und nicht minder auf die eigenen Erfahrungen und Prägungen, um zu erkennen, was mit einem flüchtigen Blick nicht zu sehen ist? Ob dies dann ähnlich heilsam und vergnüglich ist, wenn wir sehen, was andere nicht sehen? Vielleicht könnten wir ein Spiel daraus machen und damit zu einem gesunden Miteinander beitragen.

Im Auftrag der reformierten
Bezirkssynode Solothurn:
Dorothea Neubert, Pfarrerin in Aetingen-Mühledorf
Gestaltung, Bossard-Grafik, Lohn-Ammannsegg.