lebe

«Ich hab’s gerne sanfter».

«Ich hab’s gerne sanfter ;)!» war die erste Reaktion eines am kirchlichen Leben interessierten Bekannten, nachdem ich das grüne Plakat mit der weis­sen Fieberkurve in meinen Whatsapp-Status gesetzt hatte. Geht es Ihnen auch so? Mögen Sie starke Schwankungen und steile Ausschläge Ihrer Lebenskurve nicht so gerne? Sehnen Sie sich eher nach Gleichmass und sanfteren Wellenbewegungen in Ihrem Leben? Nach grünen Wiesen, saftigen Matten, Raum für Entspannung und Freiräumen für eigene Gestaltung?

Vielleicht kommt es darauf an, wie viele und welche Erfahrungen Sie bereits mit den Höhen und Tiefen im Leben sammeln konnten? Wie hätten Sie es sich gewünscht, als Ihnen das Leben mal einen Strich durch die Rechnung machte und Sie Ihre Lebenspläne abrupt ändern mussten?

Der Beter des 139. Psalms hat keine besonderen Wünsche, nur Erfahrungen, die ihn staunen und dankbar werden lassen:
«Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine schützende Hand über mir. Dass du mich so genau kennst, übersteigt meinen Verstand; es ist mir zu hoch, ich kann es nicht begreifen! Wie könnte ich mich dir entziehen; wohin könnte ich fliehen, ohne dass du mich siehst? Stiege ich in den Himmel hinauf – du bist da! Wollte ich mich im Totenreich verbergen – auch dort bist du! Eilte ich dorthin, wo die Sonne aufgeht, oder versteckte ich mich im äussersten Westen, wo sie untergeht, dann würdest du auch dort mich führen und nicht mehr loslassen. Wünschte ich mir: «Völlige Dunkelheit soll mich umhüllen, das Licht um mich her soll zur Nacht werden!» – für dich ist auch das Dunkel nicht finster; die Nacht scheint so hell wie der Tag und die Finsternis so strahlend wie das Licht.» (Psalm 139,5-12; nach der Übersetzung «Hoffnung für alle»).

Glücklich, wer so reden und bekennen kann! Auch wenn das Leben tiefe Enttäuschungen und finstre Nächte parat hat, so kann manchmal gerade dann die Erfahrung gemacht werden, in diesen Situationen nicht verlassen, sondern begleitet zu sein.

Das zweite, knallgrüne Herbstplakat der Plakatserie der Bezirkssynode möchte Sie einladen, nicht nur über den (wünschenswerten) Verlauf und den Grund für manchen steilen Ausschlag Ihrer Lebenskurve nachzudenken, sondern auch zu überlegen, wie es Ihnen in tiefsten Tiefen und unerwarteten Wendungen Ihres Lebens gegangen ist. Wenn Sie das Glück hatten, gerade dann von manchen Menschen in Ihrem Umfeld getragen und von Gott gehalten worden zu sein, können Sie doch auch einstimmen in den Satz «Ich hab’s gerne sanfter … und bin dankbar, dass ich in allen Ausschlägen des Lebens schützend gehalten werde …!» Einen guten Start in den November wünsche ich Ihnen!

Im Auftrag der reformierten Bezirkssynode Solothurn:

Dorothea Neubert,
Pfarrerin in Aetingen-Mühledorf

Gestaltung, Bossard-Grafik,
Lohn-Ammannsegg