GoodNews KW49/21

Vorsicht, Winter.

Blitz-Eis, schlammiger Boden, Schneeregen, Eiseskälte – früher haben wir einfach Winter dazu gesagt. Nicht mehr, nicht weniger. Früher war völlig klar: Wir ziehen uns was Warmes an, einigermassen gute Schuhe und gehen los. Nach draussen oder in die Stadt zum Shoppen. Trotz Kältepeitsche, Schneefall und eisbedeckter Strassen. Und klar war auch: Der Winter ist die Jahreszeit zum Skifahren, Snowboarden, Schlittschuhlaufen oder Schlitteln. Dazu sind die Bodenverhältnisse gemacht. Und wer umfiel, stand auf, putzte sich den Schnee vom Mantel und ging weiter. Und heute? Ist Vorsicht geboten. Wir legen den Fokus auf Sicherheit. Dass uns dabei etwas Spontanität und Mut abhanden gekommen ist, liegt auf der Hand – und an der Pandemie. Einigermassen gute Winterschuhe reichen nicht mehr aus auf unserem Weg. In dieser Zeit von Unsicherheit hat Gesundheit eine neue Bedeutung bekommen. Ist zu einem fragilen Gut geworden, das es zu schützen und pflegen gilt. Also bleiben wir gesund und backen – Weihnachtsgebäck.

Seit ich denken kann, war Weihnachten mein liebster Feiertag. Das liegt vermutlich an meiner Leidenschaft für die Familie. Es liegt aber auch an meiner Kindheit, die in der Adventszeit von Weihnachtsgeschichten, Disneyfilmen und Süssem geprägt war. In meinem Universum war Weihnachten das Grösste. Aber dann wurde ich älter – und etwas Seltsames geschah: Ich hatte mich zeitweise gegen religiöse Feiertage ausgesprochen und vermutete, dass Weihnachten eher ein Kalkül der Konsumindustrie war. Und dennoch: Beim Anblick von gigantischen Weihnachtsbäumen, schön verpackten Geschenken und feinstem Gebäck leuchteten meine Augen trotzdem. Und tun es bis heute. Gerade weil wir etwas vorsichtiger, etwas bewusster mit dem Leben umgehen, sollten wir Weihnachten leuchten lassen. Warum auch immer. Und uns wieder Mut und Gelassenheit zurückerobern. Denn das Fest hat eine verführerische Eigenschaft: Es erlaubt uns eine Auszeit von allem. An Weihnachten wird die Welt kurzzeitig für heilig erklärt: Und das ist erholsam.

Simone Leitner Fischer