GoodNews KW33/22

Machen Sie Theater!

Haben Sie sich heute schon in Szene gesetzt? Den Frühstückstisch schön inszeniert und die Kinder gut eingestimmt? Vielleicht schon den einen Kollegen oder die andere Freundin für die wichtige Sitzung instrumentalisiert oder zumindest mit Ihrem Anliegen in Einklang gebracht? Sehen Sie, dann haben Sie ja schon richtig Theater gemacht. Nicht vorsätzlich, eher intuitiv und für die Sache. Schliesslich brauchen Vorhaben die richtige Vorbereitung und eine noch bessere Strategie. Oder glauben Sie, ein Kindergeburtstag sei heute ohne gute Dramaturgie, raffinierte Regie und tolle Bühne ein Erfolg? Sicher nicht. Aber keine Sorge, das kriegen wir mittlerweile alle prima hin. Schliesslich ist nach dem Theater vor dem Thea­ter. Aber was erzähl ich Ihnen. Der Alltag schreibt die Stücke, wir führen im besten Fall Regie und ab und zu die Hauptrolle. Nur gibt es für unser Alltagstheater Applaus? Vielleicht nicht hörbar. Aber so lange der Vorhang nicht fällt, wird immer irgendwo geklatscht. Wenn auch nur ganz leise.

Und im richtigen Theater? Wird dort genug geklatscht? Zumindest im Stadttheater Solothurn sind die Gäste nach der Corona-Abstinenz zahlreich zurückgekehrt. Drücken wieder gespannt die Theaterbänke und lassen sich unterhalten, berühren und inspirieren. Ob ein Theaterbesuch für jedermann ist? Oder doch zu abgehoben? Mitnichten. Klar, die Popularität eines Konzerts wie das der Büetzer Buebe vor 40 000 Zuschauenden oder ein Schlussgang der Bösen vermögen Theaterschaffende nicht toppen. Obwohl «E Chischte Bier, e Grill u es Füür» auch bei einigen Freilichttheater-Bühnen gut Platz und Tradition haben. Übrigens: In der Schweiz ist das Laientheater eine Volksbewegung: 27 000 Mitglieder zählt der Zentralverband Schweizer Volkstheater und ist der drittgrösste Laienkulturverband – noch vor der Trachtenvereinigung und dem Jodlerverband. Mit anderen Worten: Eine halbe Million Menschen stehen hinter und auf Schweizer Bühnen. Also machen wir weiterhin viel Theater. Und vor allem: geben noch mehr Applaus.

Simone Leitner Fischer