GoodNews KW28/22

Nicht im Sinkflug.

«Wetter gut, Hotel passt, Essen super. Sonnige Grüsse.» Erinnern Sie sich an diese oder ähnliche Worte? Kommt Ihnen diese Sprache bekannt vor? Klar, denn die glorreiche Zeit der Postkarte ist nicht vorbei. Sie wissen ja, Totgesagte leben länger. Damals wie heute landen Grussbotschaften immer noch im Briefkasten. Und nicht weil Eltern, Tanten, Göttis oder Freunde keine digitalen Grüsse aus den Ferien versenden wollen oder können. Mitnichten, nein. Vielmehr, weil sich die Postkarte weder im Sinkflug befindet noch aus der Ferienmode gekommen ist. Die Postkarte lebt, vor allem in den Sommermonaten. Gut, auch sie hat ein Facelift erlebt, hat sich revolutioniert und zeigt sich hybrid. Denn im Laden am Mittelmeer, an der Adria oder in der fernen Metropole wird sie nicht mehr gekauft. Vielmehr dienen nun Postkarten-Apps für viel Kreativität: Eigene Bilder werden hochgeladen, Wünsche geschrieben, Adressen notiert. Verschickt wird die Karte dann aber analog. Und da liegt der Reiz: Die liebevolle Postkarte lebt.

Heisst das, WhatsApp-Nachrichten und Ferien-Videos sind die Pflicht und Postkarten die Kür der gepflegten Ferienkorrespondenz? Nein, wir reisen gerne im digitalen Handgepäck mit. Sehen unsere Liebsten im Meer baden, auf dem Campingplatz kochen, im Resort geniessen oder auf dem Velo leiden. Wir sind virtuell dabei. Auch die Liveschaltung darf nicht fehlen, denn irgendjemand hat im Sommer immer Geburtstag. Und da wir an Geburtstagen etwas sensitiver sind als an den anderen 364 Tagen im Jahr, freuen wir uns über einen Videocall. Überhören grosszügig die lauten Hintergrundgeräusche und die fremden Menschen, die Happy Birthday ins Handy schreien. Egal. Persönlicher als allgemeine Gratulationen auf Facebook oder LinkedIn. Zwar nehmen wir die Geburtstagsgrüsse in der Timeline anerkennend an, trotzdem wissen wir: Für einen Anruf hat es nicht gereicht. Wie gesagt, der Geburtstag ist ein Ausnahmetag. Und der soll gefeiert werden. Still, laut, wild oder gemütlich – analog oder digital. Nur bitte liebevoll.

Simone Leitner Fischer