Heimat liegt in der Luft.
Wir leben immer etwas bewusster. Unseren CO2-Ausstoss reduzieren wir, die Reichweite der Elektroautos besser nicht. Unsere Reisetätigkeiten steuern wir mit Bedacht, den Horizont natürlich nicht. Grundsätzlich soll alles immer etwas kleiner und dezenter werden. Nur einer steht nach wie vor für die pure Lust der Übertreibung. Für die Freude am Verschleiss. Es ist der Grill, der Dimensionen sprengt. Der im Garten thront und auf der Terrasse einen deutlichen Akzent setzt. Auch wenn er sorgfältig unter der passenden Haube steckt – Kennerinnen und Kenner wissen auf den ersten Blick, welches Modell sich darunter verbirgt. Und wer am nächsten Samstag die Nase aus den Fenster streckt, wird grosse Erinnerungen und pures Heimatgefühl einatmen: Das Grillgut spielt wieder auf. Überall steigen kleine Rauchschwaden aus den Gärten, den Waldhütten und von den Balkonen empor. Wohlige Gerüche ziehen ungeniert und in voller Intensität an uns vorbei. Das lieben wir Schweizerinnen und Schweizer. Da geht unser Herz auf.
So stehen wir also gekonnt zwischen traditionellem Kartoffel- und exotischem Couscoussalat. Bereiten vegane Bratspiesse vor, würzen schön marmoriertes Fleisch und freuen uns nach wie vor auf die gute, alte Bratwurst. Und nein, es sind nicht ausschliesslich die Männer, die beim Grillieren das Feuer entfachen. Wir alle stehen am Grill. Die einen scheuen die heisse Kohle, die anderen das Gas. Die einen garen langsam, die anderen drehen auf. Gibt es etwa verschiedene Grillphilosophien? Oh ja, die gibt es. Aber da kenn ich mich nicht aus. Vielmehr beobachte ich, dass der Grill in den meisten Kulturen einen grossen Stellenwert hat. Wer jetzt pauschal an das typisch amerikanische Barbecue denkt, liegt natürlich richtig – die Amerikaner machen uns auf dem Rost einiges vor. Doch auch in China, Japan oder Indien wird auf offenem Feuer gegart. Ob der Grill Völker verbindet, kann ich nicht beurteilen. Dass er aber überall herrlich, typische Duftnoten entwickelt, weiss ich sicher. Und da geht mir das Herz auf.
Simone Leitner Fischer