GoodNews 28/23

Wo wir die Nase vorn haben.

Dass wir Weltklasse sind, wissen wir längst. Und ich meine jetzt nicht Ihren hochbegabten Sohn, Ihre tollen Enkelkinder oder Ihre wunderbare Freundin. Ich meine die Schweiz, uns alle. Durch Fakten belegt, durch Erhebungen bewiesen: In Sachen Wettbewerbsfähigkeit, Forschungsaktivitäten oder Innovationskraft haben wir weltweit die Nase vorn. Klar, lehrt uns die Geschichte, dass nicht alles von ewiger Dauer ist. Aber lassen wir die Kirche vorerst im Dorf, malen auch keinen Teufel an die Wand, sondern bleiben zuversichtlich und vor allem konsumfreundlich. Doch Vorsicht. Konsum generiert Abfall. Und in dieser Disziplin gehören wir auch zur Spitze – jedenfalls europaweit. Auf der anderen Seite sind wir Schweizerinnen und Schweizer Weltmeister im Recycling. Die Hälfte des Abfalls wird rezykliert, die andere Hälfte wird in Energie umgewandelt. Wir sind also die fleissigsten Wiederverwerter und Wiederverwerterinnen von Abfall. Alles im grünen Bereich? Nein, mit der Plastikverwertung liegen wir weit hinten. Ein weiteres Topranking: unser Kaffeekonsum. Auch er zählt zur Weltspitze. Täglich werden in der Schweiz über drei Tassen Kaffee pro Person getrunken, also mehr als tausend Tassen im Jahr – statistisch. Übrigens eine Zahl, die sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert hat. Also gebe ich uns noch einen Weltmeistertitel für Zuverlässigkeit. Ob die Quantität des Kaffeegenusses mit der Qualität einhergeht, bleibt unbeantwortet. Ich für meinen Teil bin mit dem Kaffee in der Schweiz zufrieden. Nein, ich bin keine Barista. Und einige Fachleute mögen den Kopf schütteln. Aber für mich ist Kaffeetrinken mehr als eine sensorische Analyse. Es ist Magie. Wetten, dass ein schlechter Kaffee zum besten der Welt werden kann? Dann nämlich, wenn wir Richtung Ferien fahren, die Pause sinnvoll und das Koffein wichtig wird. Wenn uns das scheussliche Raststätten-Gebräu inmitten Abgase und Lärm, einen Moment lang alles vergessen lässt. Und wir bei jedem Schluck wieder wissen und wertschätzen: Der Weg ist das Ziel.

Simone Leitner Fischer