Spielerisch.

Am Montag rief ich meine Freundin Cristina in München an. Sie nahm das Gespräch nach zweimal Klingeln entgegen, war aber gestresst und sagte knapp: «Schön, dich zu hören, sorry, keine Zeit, ich muss mich noch stylen.» Komisch, dachte ich, sie ist doch seit Monaten im Homeoffice, nimmt die Schutzmassnahmen sehr ernst und essen gehen kann sie in München schon lange nicht mehr. «Gehst du an eine illegale Party?» Cristina antwortete prompt. «Nein, ich gehe nicht an eine illegale Party, habe kein Date und schon gar keine Sitzung mit Kunden. Ich gehe einkaufen.» Meine Münchner Freundin schien in emotionaler Schieflage zu sein. Wir haben dann lange über Isolation, Geduld, Weihnachtsmärkte und Freunde gesprochen. Und darüber, dass ihre geliebten Kleider, Schuhe und Taschen auch isoliert seien und im Schrank auf ihren Auftritt warten würden. Doch das Warten habe nun ein Ende. Cristina hatte beschlossen, gestylt einkaufen zu gehen und ihrem Leben ein bisschen gut angezogene Normalität zurückzugeben. Die Pandemie hat bekanntlich verschiedene Facetten. Eine zeichnet sich aber deutlich ab: Viele begegnen ihr spielerisch. Etwa mit Brettspielen gegen den Corona-Frust? Ja, sagt die Spieleindustrie. Die Verkäufe boomen. Das heisst, ein voll analoger Bereich zählt zu den Corona-Gewinnern. Der Wachstumstrend der Spieleverlage in den vergangenen Jahren hat sich nun noch beschleunigt. Ganz besonders gefragt sind Erwachsenenspiele, gefolgt von innovativen Kinderspielen. Egal, ob Gesellschaftsspiele, Würfelspiele, Kartenspiele oder Brettspiele – jemand gewinnt immer. Brettspiele sind beliebt wie nie. Also spielen wir. Zuhause oder unterwegs. Und nehmen uns an Cristina ein Beispiel. Wir gehen spielerisch einkaufen, schreiten im gut geschnittenen Hosenanzug zwischen Hackfleisch und Tiefkühlprodukten hin und her und machen den Gang von den Teigwaren zur Schokolade zum ganz persönlichen Catwalk. Egal wie: Verleihen wir unserem Alltag etwas Spielerisches. Und weil Adventszeit ist auch etwas Festliches.

Simone Leitner Fischer