Good News 46/25

Mit Schürze auf Sinnsuche.

Kochkurse boomen. In der Schweiz wird geschnippelt, gedünstet und fermentiert, was die Küche hergibt. Und das Angebot? Riesig. Fondue-Workshops für Puristen, vegane Kochabende für Kichererbsen-Künstler, Wildkräuter-Exkursionen für Naturnahe und Festtagskurse für Weihnachtsgans-Perfektionisten. Es wird Brot gebacken, Sauerteig gezähmt, Pralinen gegossen und in urbanen Küchenlofts «al dente» zum Lebensgefühl erklärt. Kochen ist längst mehr als die Zubereitung einer Mahlzeit; Kochen ist eine Bewegung. Eine Art kulinarische Selbstoptimierung mit Schneebesen. Kaum liegt das Küchenmesser in der Hand, liegt auch schon Achtsamkeit über dem Brett. Kaum wird gewürzt, philosophiert jemand über Balance. Und wer nicht einmal «Das riecht nach Kindheit!» haucht, gilt als emotional arm. Köstlich? Und wie! Schliesslich ist Kochen eines der letzten analogen Abenteuer, nur eben vermehrt mit Rezeptmappe und Espuma-Erfahrung. Es geht längst nicht mehr um ein gutes Risotto, es geht um die innere Reissfestigkeit.

Trotzdem – oder gerade deshalb – haben diese Abende so viel Zauber und liegen im Trend. Denn wenn der Wein entkorkt ist, die Herdplatten surren und aus Fremden für gute drei Stunden ein stimmiges Team wird, hat ein Kochkurs mehr erreicht als mancher Teambuilding-Workshop. Wer gemeinsam mit gutem Pfeffer, tollem Coaching und leichtem Chaos jongliert, bewegt Grosses. Oder zumindest Gemüse, Fisch und Co. Irgendwann wird probiert, gelobt, nachgewürzt und dann fühlt sich die Welt für einen Moment richtig gut an. Vielleicht ist genau das der Grund, weshalb Kochkurse so boomen: Weil sie uns das geben, was zwischen Excel-Tabelle und Townhall-Meeting oft fehlt: Das Gefühl, etwas Echtes zu tun. Etwas, das richtig duftet, gut gelingt und manchmal sogar berührt. Am Ende gehen die Kochbegeisterten nach Hause mit dem Rezept für Linsencurry und dem vagen Verdacht, dass es im Leben oft genauso ist wie in der Küche: ein bisschen improvisieren, im richtigen Moment umrühren und alles rechtzeitig vom Herd nehmen.

Simone Leitner Fischer